Immer und überall erreichbar zu sein, scheint heute völlig normal zu sein. Noch vor 20 Jahren war es verpönt, telefonierend durch die Stadt zu gehen.

Die Schmerzgrenzen haben sich leider nach unten verschoben. Es ist normal geworden, dass wir rund um die Uhr erreichbar sind und dass das Handy einen wichtigen Platz in unserem Leben einnimmt.

Das heißt aber nicht, dass für einen kultivierten Menschen, der als höflich wahrgenommen werden möchte, alles erlaubt ist.

Der Ruf nach einem Handy-Knigge wird immer lauter. In Meetings wird ständig aufs Handy gestarrt und die Pausen werden genutzt um „schnell“ zurückzurufen. Beim Small Talk checkt man noch schnell nebenbei seine Mails und das Plaudern in den Pausen oder beim Mittagessen schafft sich von alleine ab. Was sehr schade ist.

Wo wird generell nicht telefoniert?

Grundsätzlich sollte nicht in Kirchen, auf einer Tankstelle oder im Auto ohne Freisprechanlage telefoniert werden. Das weiß man eigentlich, oder?

In der Bahn scheinen manche nicht zu wissen, dass man zum Telefonieren aus dem Abteil geht und die Lautstärke drosselt. Ich spreche immer öfter Bahnfahrende an, das Abteil zum Telefonieren zu verlassen, weil die Lautstärke unerträglich ist. Wer nur schnell antworten möchte, macht das kaum hörbar am Platz. In der U-Bahn kann man nicht schnell mal aus dem Abteil gehen, rufen Sie einfach später zurück oder hinterlassen eine SMS: Ich rufe zurück. Als Beifahrer fragt man, ob es stört, dass man „kurz“ telefoniert.

Im Restaurant oder beim Small Talk hat das Handy auch nichts verloren. Und … auf den Tisch wird es sowieso nicht gelegt, sondern in der Handtasche/Business-Tasche oder Anzug-Innentasche verstaut. Sitzen Sie in der hintersten Ecke eines fast leeren Lokals, kann ausnahmsweise leise telefoniert werden. Ja und im Supermarkt scheint es mittlerweile normal geworden sein, seine Einkäufe mit dem Partner zu diskutieren. Wenn unbedingt notwendig, dann bitte diskret und nicht telefonierend durch die Regale sausen. Manchmal muss es sein, das ist schon ok. Ich würde jedoch die Supermarktkasse zur Handy-freien Zone erklären.

Wie sollte man sich melden

Viele meiner Kunden erzählen mir, dass Sie teilweise den Namen des Anrufers nicht verstehen und der Ton gestresst klingt. Die Botschaft ist: Alles was stört, ist der Kunde! Was nicht unbedingt dem Image gut tut.

Die meisten melden sich kurz und zu knackig. So nach dem Motto: Zeit ist Geld! Je kurz angebundener Sie sich melden, umso unfreundlicher hört sich Ihre Stimme an. Die meisten melden sich nur mit dem Familiennamen und lassen den Vornamen weg. Meldet sich jemand nur mit seinem Nachnamen (z. B. „Bauer“) und die Stimme klingt hektisch, kommt beim Anrufer an: Du störst? Sagt man  freundlich und nicht zu schnell  auch den Vornamen dazu: „Thomas Bauer“, ist die Melodie des Namens eine ganz andere, sie lädt zum Austausch ein. Probieren Sie es aus, Sie werden staunen, wie Vor- und Zuname die Stimmlage verändert. Durch einen unhöflichen Ton am Telefon wurden schon manche Geschäfte nicht gemacht.

Wie melden sich Kollegen und Führungskräfte untereinander im eigenen Unternehmen?

Mit „Ja“ oder „Hallo“, vielleicht noch „Was gibt es“, hat sich so manche Unfreundlichkeit eingebürgert. Überlegen Sie mal, Sie rufen eine Kollegin am Vormittag an und sie antwortet nicht mit einem schnellen Hallo, sondern sehr freundlich mit „Grüß Dich Peter“ oder „Grüße Sie Herr Klingler“. Die gute Stimmung der Stimme hebt fühlbar Ihre eigene. Freundlichkeit hat eine Auswirkung auf das Unternehmens-Klima. Ich würde jedem Unternehmen empfehlen, Mitarbeiter anzuhalten auch mit Kollegen einen höflichen Umgangston am Telefon (überall anders selbstverständlich auch) zu pflegen. Mitarbeiter arbeiten gerne in beziehungsorientierten Unternehmen, deshalb ist eine Handy-Knigge für jedes Unternehmen unabdingbar.

Handy im Meeting

Ich empfehle jedem Meeting-Verantwortlichen, am Beginn die Teilnehmer zu bitten, die Handys lautlos (am besten im Flugmodus) zu stellen und in der Business-Tasche zu lassen. Am Tisch würde ein blinkendes oder vibrierendes Handy wieder die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wer einen Anruf erwartet, sollte dies dem Meeting-Verantwortlichen mitteilen und das auf lautlos gestellte Handy in diesem Fall am Tisch liegen lassen. Der Angerufene entschuldigt sich, wenn der erwartete Anruf blinkt und verlässt auf jeden Fall zum Telefonieren den Raum. Leider funktioniert das kaum. Deshalb braucht es den Handy-Knigge auch in Meetings.

Handy klingelt beim Kundentermin

Das kann passieren (ist mir auch schon passiert) sollte es zwar nicht, aber man hat es einfach vergessen. Sie bitten kurz um Entschuldigung, schalten es umgehend auf lautlos, ohne das Gespräch entgegenzunehmen. Sie vermitteln Ihrem Gegenüber: Unser Gespräch ist mir wichtiger. Legen Sie das Handy an eine Stelle außerhalb Ihres Blickfeldes oder in die Business-Tasche.

Telefonieren auf dem Weg ins Unternehmen

Verständlich, dass jeder, der auf dem Weg ins Unternehmen ist,  die Zeit gut nutzen möchte. Stellen Sie sich vor, jeder Mitarbeiter geht mit seinem Telefon in der Hand ins Unternehmen, betritt den Lift und telefoniert weiter und weiter. Am Gang sind Kunden und Kollegen unterwegs, keiner grüßt mehr. Vielleicht wird noch kurz genickt, aber kaum jemand wird wahrgenommen. Welch schreckliche Vorstellung, dass nur noch hektisch telefonierende Mitarbeiter im Unternehmen unterwegs sind.

Entweder Sie telefonieren oder arbeiten

Sie glauben man checkt das nicht, dass Sie neben dem Telefonieren am Computer arbeiten? Da irren Sie sich. Die Stimme verändert sich hörbar, man ist nicht wirklich Ohr. Das merkt jeder. Sie nicht?

Sie haben keine Zeit zum Telefonieren!

Die meisten antworten mit einer stressigen Stimme: Ich rufe später zurück! Der Anrufer hat das Gefühl im falschen Moment angerufen zu haben. Ist jetzt nicht das große Problem. Man weiß ja nie, wo man den Anderen gerade erreicht. Sagen Sie einfach: Darf ich Sie später zurückrufen? Es ist mir sehr wichtig, dass ich Zeit für Sie habe. Wem diese Worte nicht liegen, der kann auch sagen: Es ist gerade ungünstig (höflicher Ton und nicht stressig) darf ich Sie später anrufen, dann habe ich Zeit? Ein netter Ton verbindet Menschen, ein gestresster trennt sie.

Privates soll privat bleiben und berufliches wird nicht öffentlich diskutiert

Intime Details gehen niemanden etwas an. Nennen Sie weder Namen noch plaudern Sie Interna in der Öffentlichkeit aus. Ich habe schon so manches Gespräch mitgehört, wo ich wusste, über wem gesprochen wurde oder um welches Unternehmen es sich handelt. 

Auch wenn sich viel verändert hat, sollte doch jeder ein wenig sorgfältiger mit dem Mobiltelefon sein. Machen Sie mehr handyfreie Zeiten, wo Sie einfach nicht ständig erreichbar sind. Ich weiß, das geht bei vielen nicht. Versuchen Sie trotzdem weniger am Telefon zu sein. Nutzen Sie freie Zeiten und beobachten Sie Ihre Umgebung. Ruhe tut gut, wenn man sie aushält.